Ich habe kürzlich bemerkt, dass ich in den Bereichen meines Lebens unsicher und verkrampft bin, in denen ich am meisten nach Anerkennung suche. Und wenn ich unsicher und verkrampft bin, erreiche ich nicht meine gewünschte Leistung, meine beste Leistung, gehe nicht die nötigen Risiken ein und verharre in meiner Komfortzone. Ich mache nicht die für das beste Ergebnis nötigen Dinge, wenn ich jemanden beeindrucken will.
Wenn Deine Leistung von Anerkennung abhängt
Zum Beispiel beim Billard: Wenn ich locker bin und alle wissen, was ich draufhabe, so jedenfalls nach meinem Empfinden, dann spiele ich sehr gut. Ich treffe die richtigen Entscheidungen, gehe die richtigen Risiken ein und spiele im richtigen Moment auf Nummer sicher, und ich lasse meinen Körper intuitiv die richtigen Dinge tun. Wenn ich hingegen, wie kürzlich, bei einem großen Turnier spiele, wo mich viele nicht kennen, dann spiele ich super verkrampft, weil ich allen zeigen will, dass ich ein Guter bin. Wenn ich dann genug Spiele verloren habe, dass meine Qualität nicht mehr zur Debatte steht, ich also nichts mehr zu verlieren habe, dann spiele ich wieder locker und entspannt.
Anders ist es im geschäftlichen Bereich, zum Beispiel mein Fachgebiet Marketing. Hier habe ich keine Hemmungen, die Dinge zu tun, die ich für richtig halte (und damit meine beste Leistung zu bringen), da ich keine Frage über meine Kompetenz habe. Die Anerkennung von außen ist mir egal, weil ich weiß, dass ich gut bin. Daraus folgt: Du brauchst 1. Wissen über die eigene Kompetenz und solltest 2. nicht nach Anerkennung streben.
Auch das noch: Nebenschauplätze
Dazu kommt noch, dass man, wenn man nach Anerkennung strebt, nicht unbedingt nur die in diesem Moment gefragte Kompetenz beweisen möchte (z.B. Billard spielen), sondern auch andere Dinge, über die man eine Frage hat (z.B. männlich sein). Es kann also sein, dass Du in gewissen Situationen und Kontexten, die sich äußerlich völlig unterscheiden, versuchst, die selben dahinterliegenden Dinge zu beweisen. Diesen Dingen auf die Schliche zu kommen ist ein großer Schritt zu besserer Leistung in ganz unterschiedlichen Bereichen.
Jedenfalls: Wenn ich selbst nicht weiß, wo ich stehe, dann nehme ich an, dass andere darüber urteilen und dann wird die Bestätigung von außen für mich relevant. Daraus folgt, dass ich meine Kompetenz kennen und erweitern sollte, dann kann ich bessere Leistungen bringen. Banal eigentlich. Doch auch Kompetenz schützt mich nicht vor der Sucht nach Anerkennung, wenn mein Fokus außen statt innen liegt.
Wer hat die Kontrolle über mein Leben?
Während meiner Recherche zu diesem Beitrag stieß ich auf den Begriff "Locus of Control" oder zu deutsch "Kontrollüberzeugung". Er bezeichnet den Grad an Einfluss, den ein Individuum über sein eigenes Leben zu haben glaubt:
Eine internale Kontrollüberzeugung liegt dann vor, wenn ein Individuum ein positives oder negatives Ereignis als Konsequenz des eigenen Verhaltens wahrnimmt, während eine externale Kontrollüberzeugung vorliegt, wenn dieses Ereignis vom eigenen Verhalten als unabhängig wahrgenommen wird, d.h. als der eigenen Kontrolle entzogen. (Wikipedia)
Typische Äußerungen von Menschen, deren Kontrollüberzeugung vorwiegend external ist, lauten: "Das bringt nichts. Das ist sinnlos. Da kann man nichts machen. Ich kann nichts dafür." Das Witzige ist: Was ich tatsächlich nicht unter Kontrolle habe, ist, was Menschen über mich denken. Bestätigung von außen und Anerkennung sind also Dinge, die dem externalen Locus of Control zugeordnet sind. Das Streben nach Anerkennung ist Ausdruck einer passiven Grundeinstellung.
Anerkennung macht Dich nicht besser, sie fühlt sich nur gut an
Na klar, ich finde es toll, wenn Leute mich toll finden. Anerkennung fühlt sich gut an, und dagegen ist nichts einzuwenden. Aber sie macht uns nicht besser. Besser werden macht uns besser. Und Du wirst besser, indem Du Deine Komfortzone verlässt, die richtigen Dinge tust, Arbeit investierst und Risiken eingehst. Das geht oft sogar damit einher, weniger Anerkennung zu erhalten oder sogar Kritik und Gegenwind. Also: Anerkennung ist schön, aber sie sollte nie unser Anreiz sein, etwas zu tun.
Immer, wenn Du bemerkst, dass Du nach Anerkennung lechzst, liegt die Kontrolle außerhalb und Du bringst nicht Dein bestes Selbst zum Ausdruck.Wenn Du Dich weiterentwickeln willst, dann solltest Du daran arbeiten, dass Dein Locus of Control innen liegt. Denn nur so hast Du Einfluss auf Dein Schicksal und die Qualität Deines Lebens.
- Wo liegt generell dein Locus of Control?
- Gibt es Bereiche, in denen Du den Ort der Kontrolle internal siehst und andere, in denen Du ihn external siehst?
- In welchen Bereichen Deines Lebens fühlst Du Dich am meisten auf externe Bestätigung angewiesen? Das ist ein sicheres Zeichen, dass Du Dich in diesem Bereich inkompetent fühlst.
- In welchen Bereichen fühlst du dich inkompetent und welche Fähigkeiten oder Eigenschaften brauchst du, um dich kompetent zu fühlen?
- Wie kannst Du diese Fähigkeiten erlangen?
Weiterführende Links:
- Wikipedia: Kontrollüberzeugung
- Das Verlangen nach Anerkennung und wie du davon los kommst
- Das Bedürfnis nach Bestätigung
- Seven Major Ways We Lose Force
- 5 Ways to Validate Yourself: Be Part of Your Support System
- Why It’s Time To Stop Seeking Validation – People Just Aren’t That Objective!
Titelfoto: Fortimbras via Compfight cc
Hi Patrick,
ich habe mich in letzter Zeit in der gleichen Klemme wiedergefunden. Ich habe mich bei Menschen deren Meinung mir wichtig war, so sehr angestrengt „gemocht“ zu werden, dasss ich zum einen gar nicht mehr ich selbst war und zum anderen gar nicht mehr hinterfragt habe, warum ich auf deren Meinung eigentlich so viel Wert lege oder was mir ihre Anerkennung bringen würde?!
Ich kann Dir da nur beipflichten (auch wenn ich das mit dem Locus ehrlich gesagt nur halb kapiert habe :-D): Solange ich mir selbst gefalle und mich mag, ist es eigentlich irrelevant, ob mich andere mögen. Auch wenn es, genau wie Du sagst, natürlich toll ist, wenn nicht nur ich mich super finde 😀
Liebe Grüße,
Carina
Hi Carina, ja, die Wikipedia-Erklärung ist nicht gerade flott formuliert. Generell geht es darum, ob man sich selbst als Urheber seines Lebens fühlt oder als Spielball äußerer Ereignisse. Und locus klingt auch komisch, zugegeben. Externer Locus hat aber nichts mit einer Außentoilette zu tun 🙂
Glückwunsch zum Relaunch, übrigens!
Hahaha… DAS bekomm ich jetzt nie wieder aus dem Kopf 😀
Danke 🙂
Hej Patrick,
vielleicht eine kleine Anregung. Ausgehend von der Überlegung, dass man selbst eigentlich unfähig ist sich selbst zu beurteilen (es gibt keine andere Person die mehr Illusionen über dich hat als du selbst) und umgekehrt alle Personen mit denen man in Kontakt kommt unfähig sind eine Beurteilung über dich abzugeben, weil sie selbst vor den gleichen Problemen stehen – die Anerkennung (und Ablehnung) von anderen Menschen hat oft mehr mit ihnen zu tun als mit dir selbst – hier ein kleiner Beitrag zum Thema: Ein durchaus inspirierendes Video, was nicht unmittelbar mit dem Beitrag zusammenhängt, aber einen Weg vorschlägt damit umzugehen:
http://www.ted.com/talks/andy_puddicombe_all_it_takes_is_10_mindful_minutes.html
und hier die Anleitung:
http://www.getsomeheadspace.com
Vielleicht ist das ja Anlass für einen Ausflug auf deiner Reise!
Beste Grüße,
Sebastian
Hi Sebastian, danke für die Links! Klingt toll, wollte eh mal damit anfangen und probiere jetzt mal die zehn Tage mit der App aus.
Viele Grüße!
Im Prinzip würde ich Dir zustimmen, aber es gibt dabei ein Problem: Kompetenz kommt nicht von innen. Niemand ist von Geburt an kompetent. Niemand kann am Anfang sich selbst beurteilen. Dazu braucht es eine Menge Reflexion und darin sind die Leute bestimmt auch unterschiedlich talentiert. In institutionalisierten Lernsituationen, wie z.B. im Studium oder in der Schule, sollte es deswegen ja auch immer klare Rückmeldungen geben. Ist man aber „draußen“ in der großen Welt und lernt autodidaktisch, dann wird es viel schwieriger. Oft ist Anerkennung zwar eigentlich schön, aber auch nicht viel wert, weil sie von Leuten kommt, die weniger Ahnung haben, als man selbst. Dann bringt sie einen auch nicht voran. Ist aber immerhin Grund für ein gutes Gefühl, und wer würde sich das schon nehmen lassen.
Versuch eines Fazits: Ehrliche und kompetente Kritiker sind gefragt, wenn man weiter kommen will. Ich würde nicht erwarten, immer selbst der beste Kritiker sein zu können!
Hi DrNi, danke, dass Du an den Punkten nachhakst. Deinem Fazit stimme ich voll zu. Ich finde Feedback von außen sehr wichtig, und natürlich ist eine Lehrsituation ohne Rückmeldung sinnlos. Es geht mir in dem Beitrag um die innere Motivation, Dinge zu tun. Wenn meine innere Motivation „Anerkennung“ ist, lege ich den falschen Fokus. Du sagst ja selbst, dass Anerkennung zwar schön ist, aber oft nicht viel bringt, wenn sie von inkompetenten Leuten kommt. Genau darauf will ich hinaus. Dazu kommt: Neben der inkompetenten Anerkennung, die in die falsche Richtung weisen kann, kostet mich das Streben nach Anerkennung auch Konzentration, da ich am Ergebnis hänge und nicht am Tun. Gerade in Wettbewerbssituationen bringt das aus meiner Erfahrung gar nichts. Aber wie gesagt, ich stimme Dir zu, dass Rückmeldung wichtig ist, um sich zu entwickeln.
Als digitaler Nomade bist Du aber online ganz schön präsent. Soll das ein Witz sein?
Nein, wie kommst Du darauf?